Rasante Gründungen und vereinfachte Registrierungen befeuern das Betrugsrisiko im britischen Unternehmensregister. Das Whitepaper von North Data zeigt, welche Kennzahlen auf stabile Unternehmen hinweisen und wie Risiken frühzeitig erkannt werden können.
Alle zwei Minuten wird im Vereinigten Königreich (UK) ein neues Unternehmen gegründet. Möglich macht das ein unkompliziertes Online-Verfahren, das oft weniger als 24 Stunden dauert. Das britische System gilt damit als Vorzeigemodell für alle, die weniger Bürokratie und mehr Tempo bei der Unternehmensgründung fordern. Die Geschwindigkeit, die dadurch an den Tag gelegt wird, hat zu einer außergewöhnlich hohen Unternehmensdichte geführt – inzwischen kommt auf sechs Einwohner im Vereinigten Königreich ein registriertes Unternehmen.
Ein derart offenes System hat jedoch auch seine Schattenseiten: Es begünstigt Betrug und Finanzkriminalität. So ist eine Firmenlandschaft entstanden, die immer schwerer zu durchschauen ist und deren Daten zunehmend an Verlässlichkeit verlieren.
Ein System, das zur Ausbeutung geradezu aufruft
Ein Unternehmen im Vereinigten Königreich zu registrieren, ist derart einfach, dass Companies House, das britische Unternehmensregister, zu einem idealen Nährboden für Missbrauch wurde. Seit Jahren gibt es weder Identitätsprüfungen noch sinnvolle Verifizierungsprozesse oder Mindestkapitalanforderungen. Jeder, überall auf der Welt, kann für den Preis eines Abendessens innerhalb von Minuten ein Unternehmen gründen. Experten wie Graham Barrow, ein Geldwäschespezialist und Co-Moderator des Podcasts „The Dark Money Files“, weisen schon länger darauf hin, dass es in Großbritannien schwieriger ist, ein Buch in der Bibliothek auszuleihen, als eine Briefkastenfirma zu gründen. Das Ergebnis? Eine regelrechte Flut sogenannter „Burner“-Unternehmen: Firmen, die für kurzfristigen Betrug gegründet und dann aufgegeben oder aufgelöst werden, noch bevor die Behörden reagieren können.
Diese Dynamik ist Teil eines größeren Trends: Die Zahl der Insolvenzen steigt schon seit Jahren an. 2024 lag die Zuwachsrate bei Unternehmensgründungen nur noch bei etwas mehr als einem Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit mehr als einem Jahrzehnt. Angesichts hoher Fallzahlen an Neugründungen und Insolvenzen, gepaart mit minimaler Aufsicht, ist es nahezu unmöglich geworden, zu erkennen, welche Unternehmen seriös sind und welche das System ausnutzen. UK steht deshalb nicht mehr nur vor der Herausforderung, Neugründungen weiterhin zu fördern, sondern muss vor allem sicherstellen, dass diese Firmen auch echt und dauerhaft tragfähig sind.
Die Zweifel an der Zuverlässigkeit britischer Unternehmensangaben sind kein Randproblem, sondern haben alarmierende Ausmaße angenommen. Bis zu 20 Prozent der Unternehmensdaten in UK könnten laut Experten falsch oder irreführend sein. Das wiederum bedeutet, dass fast eine Million Unternehmen betrügerische oder ungenaue Einträge haben könnten. Manche Experten bescheinigen dem Vereinigten Königreich deshalb, der weltweit größte Anbieter von Betrugsunternehmen zu sein. Selbst Großbanken warnten bereits, dass die fehlenden Kontrollen bei Companies House ihre eigenen Bemühungen zur Betrugsbekämpfung untergruben.
Die Gefahren sind keineswegs abstrakt. In einem Fall wurde ein einziges leerstehendes Ladengeschäft im Süden Londons als Hauptsitz für mehr als 10.000 Unternehmen eingetragen. Die Briefkastenfirmen profitieren davon, dass eine Registrierung in UK eine gewisse Glaubwürdigkeit verspricht. Diese nutzen sie aus, um Investoren oder Einzelpersonen zu täuschen und eine Reihe von Steuerbetrugssystemen zu ermöglichen. Das reicht von Unternehmen, die sich auflösen, bevor sie die Mehrwertsteuer zahlen. Bis zu Betrugsmodellen, bei denen Waren über mehrere Firmen und Länder verschoben werden, um mehrfach unrechtmäßig die Mehrwertsteuer zurückzuerhalten. Die Folgen sind schwerwiegend: Menschen bleiben mit gestohlenen Identitäten, geleerten Bankkonten und, in extremen Fällen, ruinierten Leben zurück.
Reformen kommen – zu spät und nicht konsequent genug
Nach Jahrzehnten, in denen diese Probleme nicht angegangen wurden, hat die britische Regierung 2023 den Economic Crime and Corporate Transparency Act verabschiedet und damit die größte Reform des Unternehmensrechts seit 1844 angekündigt. Die Neuerungen, die 2025 und 2026 in Kraft treten, verlangen erstmals eine Identitätsprüfung für alle Geschäftsführer und wirtschaftlich Berechtigten. Companies House erhält zudem neue Befugnisse, um verdächtige Einreichungen abzulehnen und Informationen an die Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben. Um diese Maßnahmen zu finanzieren, wurden die Gebühren für die Unternehmensgründung erhöht.
Aber diese Neuerungen, so überfällig sie auch sind, werden kaum alle Probleme lösen. Die zersplitterte Regulierungslandschaft im Vereinigten Königreich bleibt eine große Schwachstelle. 25 verschiedene Stellen überwachen die Geldwäschevorschriften, wobei es teils zu Interessenkonflikten kommt. Kriminelle können auch weiterhin Strohmänner einsetzen, undurchsichtige Partnerschaften gründen oder schutzbedürftige Personen ausnutzen. Nicht zuletzt sind die Aktionärsdaten weiterhin weitgehend ungeprüft und schwer zugänglich.
Auch wenn diese Reformen ein Schritt in die richtige Richtung sind, werden sich Veränderungen nur allmählich zeigen. So werden zuverlässige Firmendaten erst nach einer zwölfmonatigen Übergangsphase ab Herbst 2025 – also Ende 2026 – vollständig verfügbar sein. Das bedeutet, dass die britische Datenlandschaft noch eine ganze Weile unübersichtlich bleiben wird.
Ein Aufruf zu einer smarteren Risikobewertung
In diesem Umfeld sind traditionelle Kennzahlen wie das Mindeststammkapital bedeutungslos. Gefragt sind intelligentere Risikosignale und robustere Datenanalysen, um die tatsächliche Liquidität und Legitimität britischer Unternehmen beurteilen zu können. Das kostenlose Whitepaper von North Data zeigt, welche KPIs wirklich wichtig sind und welche Kennzahlen helfen, sich im komplexen britischen Datenumfeld ein klareres Bild von Unternehmen zu verschaffen.
Das Whitepaper bietet zudem eine geografische Auswertung der Unternehmensregistrierungen und verdeutlicht, warum dies die Analyse der Unternehmenslandschaft zusätzlich erschwert.
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