Frankreich ist die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der EU. Über zwei Millionen kleine Unternehmen und Familienbetriebe setzen dort auf die SARL. Wer den französischen Markt verstehen will, sollte diese Rechtsform kennen.
Frankreich ist für Deutschland ein sehr wichtiger Nachbar und nach Deutschland die zweitgrößte Wirtschaftskraft der Europäischen Union. Wer Geschäfte im europäischen Binnenmarkt machen möchte oder einfach verstehen möchte, wie unsere Nachbarn ticken, kommt an den französischen Unternehmensformen nicht vorbei. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält derzeit die SAS, die Société par actions simplifiée – eine flexible und moderne Unternehmensform, die sich am ehesten mit der vereinfachten Aktiengesellschaft vergleichen lässt. Doch während die SAS im Rampenlicht steht, lohnt sich ein genauerer Blick auf einen echten Klassiker: die SARL, das französische Pendant zur deutschen GmbH.
Im Jahr 2024 waren in Frankreich mehr als zwei Millionen SARL aktiv. Damit ist und bleibt die SARL eines der solidesten Fundamente der französischen Wirtschaft. Weniger medienwirksam als andere Rechtsformen, aber weit verbreitet, ist sie eine tragende Säule der französischen Ökonomie – besonders in traditionellen Branchen, bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und in familiengeführten Strukturen.
Was ist eine SARL?
Die SARL ist eine Gesellschaftsform für Unternehmen, die aus 2 bis 100 Gesellschaftern bestehen kann. Das Stammkapital wird von den Gesellschaftern gemeinsam festgelegt. Die Anteile werden unter ihnen aufgeteilt, und die Haftung jedes Einzelnen ist auf die Höhe seiner Einlage begrenzt.
Die SARL ist durch strenge und zugleich schützende Gesetze im französischen Handelsgesetzbuch geregelt. Dieser formale Rahmen mag manchmal etwas aufwendig erscheinen, bietet den Gesellschaftern aber gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtssicherheit.
Für Einzelunternehmer gibt es mit der EURL (Entreprise Unipersonnelle à Responsabilité Limitée) eine eigene Variante – sie bietet einer einzelnen Person dieselben Vorteile der beschränkten Haftung wie die SARL mehreren Gesellschaftern
Warum ist die SARL unverzichtbar?
- Ein vertrauenswürdiger Status für KMU
Die SARL ist seit vielen Jahrzehnten die bevorzugte Rechtsform kleiner Unternehmen in Frankreich. Ob Händler, Handwerker, Dienstleister oder Familienunternehmen – die meisten Kleinstfirmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen entscheiden sich für die SARL, weil sie Stabilität und eine klare rechtliche Struktur bietet.
- Die ideale Struktur für nahestehende Gesellschafter
Besonders häufig wird die SARL von Familienmitgliedern oder unter Vertrauten gewählt. Ihr kollegialer Aufbau, die klare Verteilung der Kompetenzen und geregelte Übertragungsklauseln sorgen für ein hohes Maß an Sicherheit in den Beziehungen.
- Beschränkte Haftung
Wie der Name schon sagt: Die Haftung der Gesellschafter ist auf ihre Einlagen beschränkt. Bei Schwierigkeiten bleibt ihr Privatvermögen geschützt – außer bei Managementfehlern. In solchen Fällen kann eine persönliche Haftung greifen.
- Ein rechtlicher Rahmen
Die SARL ist zwar weniger flexibel als eine SAS, bietet aber einen präzisen und schützenden rechtlichen Rahmen. Das macht sie besonders attraktiv für Projekte, in denen klare Strukturen wichtiger sind als eine möglichst flexible Satzung.
Hauptvorteile der SARL
Die SARL vereint viele Vorzüge, die sie besonders attraktiv für kleine Unternehmen macht. Ihr rechtlicher Rahmen ist solide und klar strukturiert – das gibt den Gesellschaftern Sicherheit, insbesondere bei der Übernahme von Verantwortung und bei Entscheidungen. Die Haftung ist auf die Einlagen beschränkt, sodass das Privatvermögen der Gesellschafter im Falle von Schwierigkeiten geschützt bleibt. Gerade Handwerker, Händler und Familienunternehmen schätzen die SARL, weil sie einen klaren und vorhersehbaren Ablauf bietet.
Steuerlich punktet sie mit Flexibilität: Grundsätzlich unterliegt sie der Körperschaftsteuer, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen zur Einkommensteuer optieren – das ist vor allem in der Gründungsphase oder für familiengeführte Gesellschaften interessant.
Ein weiterer Pluspunkt: Geschäftsführer mit Minderheits- oder gleicher Beteiligung profitieren vom Status der angestelltenähnlichen Person. Damit erhalten sie einen umfassenderen Sozialschutz als selbstständige Unternehmer, ohne dabei ihre Flexibilität in der Unternehmensführung zu verlieren.
Grenzen, die man bedenken sollte
Trotz ihrer vielen Vorteile bringt die SARL auch einige strukturelle Einschränkungen mit, die man im Vorfeld der Geschäftsgründung bedenken sollte. Ihre Struktur ist weniger flexibel als bei einer SAS, vor allem wenn es um gemeinsame Entscheidungen geht. Hauptversammlungen sind Pflicht, und die gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheitsregeln lassen wenig Spielraum für individuelle Regelungen. Auch bei der Machtverteilung oder dem Einstieg neuer Investoren bietet die SARL wenig Flexibilität – das kann das Wachstum oder die Kapitalaufnahme erschweren.
Ein weiterer Punkt betrifft den Status des Geschäftsführers mit Mehrheitsbeteiligung: Er wird dem Status der selbstständigen Gewerbetreibenden (TNS) zugeordnet. Zwar sind die Sozialabgaben damit niedriger, dafür ist der Sozialschutz weniger umfassend und die Verwaltung kann etwas aufwändiger sein.
All diese Aspekte stellen nicht zwangsläufig ein Hindernis dar, sollten aber bei der Wahl der passenden Rechtsform berücksichtigt werden.
Wie gründet man eine SARL?
Die Gründung einer SARL folgt einem relativ klassischen Ablauf:
- Erstellung der Satzung
- Einzahlung des Stammkapitals
- Veröffentlichung einer gesetzlichen Bekanntmachung
- Einreichung des Dossiers beim französischen Handelsregister
- Erhalt des Kbis (Handelsregister-Auszuges)
Die Gründung einer SARL basiert auf einem standardisierten Prozess mit mehreren wichtigen Schritten. Alles beginnt mit der sorgfältigen Erstellung der Satzung, die genau festlegt, wie die Gesellschaft funktioniert, wie die Anteile unter den Gesellschaftern verteilt sind, welche Befugnisse der oder die Geschäftsführer haben und wie Entscheidungen getroffen werden.
Nachdem die Satzung erstellt ist, zahlen die Gesellschafter das Stammkapital ein. Dieses kann entweder als Bar- oder Sacheinlage (z.B. Immobilien, Maschinen) erfolgen und wird auf ein Bankkonto eingezahlt, das auf den Namen der im Entstehen begriffenen Gesellschaft läuft. Es gibt kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital für die Gründung einer SARL. Das Kapital muss jedoch zur Art der Geschäftstätigkeit passen. Das Stammkapital kann sowohl in Geld als auch in Sachwerten eingebracht werden.
Anschließend muss eine gesetzliche Bekanntmachung in einem offiziellen Anzeigeblatt veröffentlicht werden, um Dritte über die Gründung zu informieren. Erst nach dieser Veröffentlichung kann das vollständige Gründungsdossier beim Registeramt des Handelsgerichts eingereicht werden. Dieses umfasst unter anderem die Satzung, die Einzahlungsbestätigung des Kapitals, Identitätsnachweise der Gesellschafter und weitere erforderliche Unterlagen.
Ist das Dossier vollständig und korrekt, stellt das Handelsregister den Kbis-Auszug aus – das offizielle Dokument, das die Eintragung der SARL im Handels- und Gesellschaftsregister bestätigt. Dieses Dokument gilt als Geburtsurkunde der Gesellschaft.
Die SARL in Zahlen: Ein Modell für viele
Im Jahr 2024 waren in Frankreich mehr als zwei Millionen SARL aktiv. Damit ist sie eine der am weitesten verbreiteten Rechtsformen. Die Popularität der SARL ist über die Jahrzehnte stetig gewachsen: Während vor wenigen Jahren noch jährlich etwas mehr als 60.000 SARLs neu gegründet wurden, liegt die Zahl der Neugründungen inzwischen deutlich über einer Million pro Jahr.
Besonders beliebt ist die SARL bei kleinen und mittleren Unternehmen. Rund ein Fünftel der aktiven SARL ist im Groß- und Einzelhandel tätig, etwa jede siebte im Baugewerbe und ein ähnlich großer Anteil im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen.
Obwohl nur etwa jede siebte SARL ihren Sitz in Paris hat, ist die Hauptstadt mit Abstand der größte Standort für diese Rechtsform. Marseille, die zweitgrößte Stadt Frankreichs, verzeichnet nach der Hauptstadt die meisten SARL, obwohl dort weniger als zwei Prozent gemeldet sind.
Eine SARL im wirtschaftlichen Umfeld beobachten
Ganz gleich, ob als Investor, Geschäftspartner, Lieferant oder Wettbewerber – verlässliche Informationen über eine SARL können entscheidend sein, um zu verstehen, wer das Unternehmen führt, wie die Eigentumsverhältnisse aussehen und wie es um die finanzielle Gesundheit steht.
North Data bietet schnellen und strukturierten Zugriff auf offizielle Unternehmensdaten wie veröffentlichte Jahresabschlüsse, Änderungen in der Geschäftsführung sowie die rechtliche Historie des Unternehmens. Informationen zu einer SARL umfassen Details zur Führungsstruktur, zu Beteiligungsverhältnissen, zur finanziellen Situation, zum rechtlichen Status und zu veröffentlichten Abschlüssen. Daten zu Tochtergesellschaften, verbundenen Unternehmen, dem Liquidationsstatus oder bereits gelöschten Firmen ermöglichen fundierte Entscheidungen, strategische Analysen und eine umfassende Risikobewertung für Partnerschaften, Prüfungen und Marktrecherchen.
Beständiger Wert abseits des Rampenlichts
In einem sich ständig wandelnden Unternehmensumfeld steht die SARL für Beständigkeit. Sie gibt Sicherheit, schafft Struktur und bietet Schutz – das dürfte ihren stillen, aber enormen Erfolg erklären. Während die größten Firmen des Landes andere Rechtsformen haben, ist die SARL weiterhin - still und leise - ein starkes Fundament der französischen Wirtschaft.
Vielleicht ist gerade diese Zurückhaltung ihr größter Vorteil.